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Customer Experience Management ist aus dem heutigen E-Commerce nicht mehr wegzudenken. Immer häufiger jedoch hören wir anstelle dessen von der ,,Human Experience”. Doch was bedeutet Human Experience eigentlich und wie kann man es konkret umsetzen? Worin liegen Unterschiede zur Customer Experience und kann sich HXP gegenüber der CX zukünftig tatsächlich durchsetzen? Wir haben mal genauer hingesehen.

Was ist Customer Experience und was Human Experience?

Was bedeutet Customer Experience (CX)?

Die Customer Experience umfasst laut Gabler Wirtschaftslexikon die Gesamtheit aller Eindrücke, die Kund:innen während der gesamten Dauer einer Kundenbeziehung von einem Unternehmen erhalten. Dabei setzt Customer Experience Management die Kund:innen bei jedem Touchpoint der Customer Journey - vom ersten Brand-Kontakt auf beispielsweise Social Media bis hin zum Feedback-Formular nach dem Kauf - in den Fokus. Es zielt darauf ab, dass ein Kundenerlebnis nicht nur positiv ist, sondern die Erwartungen der Nutzenden gar übertrifft und eine langfristige Bindung zur Marke aufgebaut wird. Gewährleistet wird dies durch verschiedene Werbe- und Service-Maßnahmen sowie eine regelmäßige Qualitätskontrolle, unterstützt durch die kontinuierliche Auswertung von Kundenfeedback.

Wie unterscheiden sich Customer Experience (CX) und User Experience (UX)? 

Oftmals gleichgesetzt mit der User Experience (UX), die sich eher auf die Verbesserung des Produktdesigns und der Benutzerfreundlichkeit konzentriert, zielt CX viel eher darauf ab, die Kund:innen in jeder Phase des Produkterlebnisses zu begeistern, sodass Produkt und Marke als Ganzes in positiver Erinnerung bleiben. Oftmals wird die User Experience auch nur bis zu dem Punkt gezählt, an dem der Nutzende zum Kunden wird. Somit ist die User Experience eher als ein Teil der allumfassenden Customer Experience anzusehen.

Was bedeutet Human Experience (HXP)?

Das Konzept Human Experience hat mehr mit der Customer Experience gemein als mit der User Experience. Denn wie auch CX, zielt HXP darauf ab, Kund:innen entlang der gesamten Customer Journey glücklich und bestenfalls zu wiederkehrenden Kund:innen zu machen, statt ausschließlich die Produktnutzungserfahrung und Usability zu optimieren. Allerdings soll hierbei vom Menschen als Ganzes statt nur dem Kunden ausgegangen werden. In dem Zusammenhang definieren Roggeveena und Rosengren (2019) Human Experience wie folgt: ,,Creating a human experience entails connecting with customers in a manner that meets their needs and reinforces their ambitions, beliefs, values, and feelings”. Human Experience strebt ebenso eine enge Verbindung mit Kund:innen an, allerdings viel eher auf einer gefühls- und werteorientierten, als einer service- und konversionorientierten Ebene oder um es in Pachecos (2020) Worten zu sagen: Human Experience bedeutet, Kund:innen wie Menschen zu behandeln und nicht wie Zielscheiben.

Die kleinen aber feinen Unterschiede zwischen Customer und Human

Bevor wir überhaupt etwas kaufen und zum Kunden werden, sind wir vor allem eines: Menschen. Wir haben Gefühle, Werte und Vorstellungen, anhand derer wir handeln, sind ungeduldig und launisch, empathisch und unvorhersehbar. Eigenschaften, die wir auch in Kund:innen - ihrerseits Menschen - wiedererkennen, und doch gibt es Unterschiede. 

Kund:innen stehen in direkter Verbindung zu einem potentiellen Kauf, entsprechend schreiben wir ihnen zu, zielgerichteter zu sein und eine Konsumvorstellung zu haben, von der sie sich weniger schnell abbringen lassen und wenn doch, dann vielleicht eher durch laute, große und produktbezogene Statements, als durch dezente Nachrichten, die sie im Herzen berühren. Sie schätzen einen smoothen Kaufprozess ohne Hindernisse, sonst gehen sie zum nächsten Anbieter, haben keine Zeit, wägen rational ab, sind homo oeconomicus, viel eher als homo sociologicus. Versteht uns nicht falsch, auch dieser Teil steckt in Human. Aber er ist eben auch nur ein Teil eines Lebewesens, das mit allen Sinnen erlebt und fühlt. 

Grewal et al. (2017) beschreibt das Verhältnis von CX und HXP passenderweise wie folgt: In seiner Customer-Engagement-Pyramide bildet die Customer Experience die Basis. Auf ihr liegt eine emotionale Verbindung, die durch gemeinsame Wertvorstellungen entsteht und das höchste Ziel an der Spitze ist die geteilte Identität von Kund:innen und Unternehmen. In diesem Sinne sei die Verwirklichung einer wahren Human Experience ebenso erstrebenswert, wie schwer zu verwirklichen - auch im Vergleich zur Customer Experience, von der ein Mindeststandard vorausgesetzt wird. Deshalb ist unsere Devise: Nicht Customer Experience ODER Human Experience - verleiht eurer Customer Experience mehr Menschlichkeit. 

Wie schaffen Unternehmen eine Human Experience?

Um diese Frage zu beantworten, lohnt sich die Orientierung – wie sollte es anders sein – am Menschen. 

🧑 Menschen haben den Wunsch nach bedeutsamen Erfahrungen.

🏢 Daher können Unternehmen...

...zeigen, dass sie die gleichen Werte wie ihre Kund:innen haben: Jedes Unternehmen sollte seine Core Values kennen. Zudem lohnt es sich, jene Werte festzuhalten, die vielleicht nicht im Zentrum der Organisation stehen und doch von jedem Mitarbeitenden aktiv vertreten werden und zugleich von größter Wichtigkeit für die Kundschaft sind, und dann: Kommunikation! 

Zum Beispiel: Mehr und mehr Kund:innen legen viel Wert auf Nachhaltigkeit, sodass auch Unternehmen zunehmend in sozial und ökologisch nachhaltige Belange investieren. Andere setzen alles daran, ihren Mitarbeitenden ein Höchstmaß an Selbstverwirklichung und Gesundheit am Arbeitsplatz zu bieten und zeigen somit auch ihren Kund:innen, dass ihnen diese Themen am Herzen liegen. Dies stärkt die Markenbindung bei all jenen, denen diese Werte ebenfalls wichtig sind.

Ein weiterer Vorteil der Synchronisierung der eigenen Werte mit denen der Kund:innen liegt darin, dass die Integrität und Authentizität eines Unternehmens gleich viel höher wahrgenommen wird. Kund:innen schenken dem Unternehmen größeren Glauben und stehen wahrlich hinter ihren Botschaften und Produkten, was ihren Customer Lifetime Value wahrlich erhöhen kann.

🧑 Menschen erleben mit all ihren Sinnen.

🏢 Daher können Unternehmen…

…(surprise!) diese Sinne auch bedienen

Zum Beispiel: Wer erinnert sich nicht gerne an Melanie Thorntons wohlklingend weihnachtlichen „Wonderful Dream“ in der Coca Cola-Werbung, an den Wind in den Haaren bei der ersten Cabrio-Testfahrt (natürlich jede:r!) oder an den Kauf des gesamten Käseblocks nach einer winzigen Kostprobe? So oder so ähnlich wurden sicher die meisten schon einmal zum Kauf eines Produktes oder Services verleitet. Kein Wunder, denn wir erleben mit mehr Sinnesorganen als nur den Augen. Je intensiver Menschen ein Produkt vor dem Kauf erfahren, desto größer ist auch die Chance, dass sie dieses Erlebnis wiederholen möchten und kaufen. Dabei müsst ihr nicht gleich alle Sinne auf einmal ansprechen. Doch hin und wieder lohnt es sich kreativ zu werden und zu überlegen, welche weiteren Sinne man aktivieren kann, um unvergessliche Kundenerlebnisse zu kreieren. 

🧑 Menschen haben den Wunsch nach Verbindungen.

🏢 Daher können Unternehmen…

...proaktiv Verbindungen mit potentiellen Kund:innen aufbauen: Ohne Frage möchte nicht Jede:r beim Kauf, insbesondere günstigerer Produkte oder Dienstleistungen, auch eine tiefe Verbindung zu der Marke oder den Mitarbeitenden aufbauen. Trotzdem koppelt der Mensch wirklich positive Erinnerungen in den meisten Fällen an Erlebnisse mit anderen Menschen. Daher lohnt es sich, aufrichtige und schlichtweg menschliche Verbindungen aufzubauen – nicht nur mit den eigenen Kund:innen, sondern auch den Mitarbeitenden. Wie so häufig heißt es hier also: Kennt eure Zielgruppe und wägt entsprechend ab, welche Art von Verbindung sie zu eurer Marke wünschen.

Zum Beispiel: Eine lockerere Verbindung mit Kund:innen könnte z.B. durch Loyalty Programme oder Stammkunden-Rabatte aufgebaut werden. Auf einer tiefgreifenderen Ebene hingegen könnten  Produkt-Influencer:innen Verbindungen zu ihren Follower:innen aufbauen, indem sie „ask me anything“-Fragen beantworten oder auf Direct Messages reagieren. So drücken sie ihre aufrichtige Wertschätzung aus. Werden intensivere Verbindungen mit Kund:innen als sinnvoll erachtet, so gehört es für viele Firmen auch dazu, ihre Service-Mitarbeitenden regelmäßig in ihren Customer Touchpoints auszubilden. Hierbei wird jedoch nicht vordergründig das Verkaufen gelehrt, sondern viel eher das empathische Inkontakttreten mit anderen Menschen auf eine aufmerksame und humorvolle Art. Andere berichten davon, einen Chief Experience Officer eingestellt zu haben, dessen Aufgabe es ist, zwischen dem Unternehmen und Kund:innen, aber auch zwischen anderen internen und externen Stakes Kommunikationsbarrieren zu beseitigen und Verbindungen zu stärken.

🧑 Menschen möchten Geschichten hören und erzählen.

🏢 Daher können Unternehmen…

… besondere Momente schaffen und hervorstechen. Klar, die Relevanz von Storytelling kann jede:r Marketer nur so herunterbeten. Wer jedoch Menschen dazu bringen möchte, dass diese selbst zum Geschichtenerzähler werden und ihre Brand Experience weitertragen, muss über bewegende Werbeclips hinausdenken. 

Zum Beispiel: So kann die Inneneinrichtung von Geschäften eine Geschichte erzählen oder zumindest derart überraschen, beeindrucken oder zum Schmunzeln bringen, dass Kund:innen selbst von ihren Erlebnissen berichten möchten - beispielsweise wenn sich interaktiver oder spielerischer Elemente bedient wird, wie einer Kaffeebar oder einem Friseur in einem Bekleidungsgeschäft. Auch das Teilen von Stories der Mitarbeitenden kann nicht nur im Personal-, sondern auch im Produktmarketing einen bleibenden Eindruck bei potentiellen Kund:innen hinterlassen und dem Produkt ein oder mehrere Gesichter geben. Gleichwohl sind Testimonials oder Reviews von ehemaligen Kund:innen geeignete Maßnahmen, um authentische Geschichten zu erzählen, die in direkter Verbindung zum Produkt stehen. 

🧑 Menschen haben Gefühle.

🏢 Daher können Unternehmen…

… in ihren Kund:innen positive Emotionen gezielt hervorrufen, während negative Gefühle zu vermeiden sind. Hört sich einfach an. Und doch treten einem viel zu häufig z.B. lustlose oder genervte Service-Mitarbeitende entgegen, was zweifelsfrei auch in Kund:innen negative Gefühle hinterlässt. 

Zum Beispiel: Entsprechend lohnt es sich, Mitarbeitenden nicht nur Fachkenntnisse und Service-Orientierung nahezubringen, sondern auch zu trainieren, was es heißt, Kund:innen mit Empathie entgegenzutreten. Und wenn es nur ein kurzes „Es tut mir leid, dass sie Probleme beim Erhalt Ihrer Lieferung haben." ist, so löst dies – noch bevor das Problem gemeinsam angegangen wird - direkt ein positives Gefühl aus, da man sich respektiert und ernst genommen fühlt. Auch entstehen negative Gefühle, wenn Kund:innen merken, dass sie an der Nase herum geführt werden, beispielsweise wenn Verkäufer:innen nicht hinter ihren Produkten stehen oder im Gegenteil zu überschwänglich von ihnen schwärmen oder auch die Produktbeschreibungen auf der Website zu gut sind, um wahr zu sein. Stattdessen legt die Human Experience größten Wert auf Authentizität, Ehrlichkeit und Transparenz. Daher sollten Unternehmenswerte regelmäßig intern kommuniziert und gestärkt werden. Weiterhin schätzen Menschen es, wenn Unternehmen ihre Fehler transparent darlegen, statt sie auszusparen oder schönzureden. Sie suchen nicht nach einem perfekten Produkt, sondern erwarten eine ehrliche und realistische Produktbeschreibung, um sich ein mündiges, eigenes Urteil zu bilden. 

Zu guter Letzt kann und sollte auch Werbung genutzt werden, um positive Gefühle bei Kund:innen mit einer Brand und einem Unternehmen hervorzurufen. Doch auch hier gilt in Wort, Bild und Audio: Lieber authentisch, als over the top emotional.

🧑 Menschen möchten besonders sein.

🏢 Daher können Unternehmen…

… ihre Kund:innen besser kennenlernen und sie individuell ansprechen. Wir alle möchten gesehen und gehört werden, niemand möchte in der Menge untergehen. Die Antwort moderner Unternehmen auf dieses Geltungsbedürfnis? Personalisierung. Der Weg dorthin? Daten. Diese Kombination kann allerdings durchaus herausfordernd sein, da Menschen zuerst Persönliches preisgeben müssen, bevor sie eine individuelle Ansprache bekommen. 

Zum Beispiel: Entscheiden sich Unternehmen also dazu, ihre Kund:innen mittels Kurzumfragen, Feedbackbögen, Produktberatern oder eben Cookies besser kennenzulernen, um individuelle Messages rauszusenden, muss der damit einhergehende Datenschutz ernst genommen werden. Manchen Menschen ist die Wahrung ihrer Privatsphäre gar wichtiger als ein personalisiertes Einkaufserlebnis – ein Aspekt, auf den Human Experience Research eingeht, beispielsweise dadurch, dass obligatorische „Sternchen“-Fragen ausgespart werden oder ein Cookie-Optout zu jedem Zeitpunkt gut ersichtlich auf der Website möglich ist. 

Human Experience Research legt den Fokus mehr auf qualitative, statt quantitative Daten und geht gerne auch mal in persönliche Gespräche. Es spricht Menschen direkt an, indem es fragt „Was suchst du? Was ist dir wichtig? Was hat dir (nicht) gut gefallen und warum?“. Da das Sammeln von Daten und eine personalisierte Ansprache jedoch sehr ressourcenintensiv sein kann, automatisieren Unternehmen zunehmend ihre Prozesse und nutzen dafür Lösungen wie KI-Chatbots als Ersatz für menschliche Berater oder CRM-Systeme, um verschiedene Zielgruppen entlang der Customer Journey individuell anzusprechen. Es mag an dieser Stelle diffus erscheinen, dass gerade künstliche Intelligenz und Automatisierung für ein menschlicheres  Kauferlebnis sorgen sollen. Dabei soll Technik jedoch nie echte menschliche Interaktionen ersetzen. Viel eher soll sie zum einen große Datenmengen generieren und verarbeiten, während zugleich dort personalisiert wird, wo authentisch möglich, beispielsweise durch Erfragung des Namens und entsprechender Anrede zu Beginn einer digitalen Produktberatung. Zum Anderen soll sie einen persönlichen Kontakt genau dort ermöglichen, wo notwendig, z.B. wenn digitale Produktberater schlussendlich via E-Mail-Adresse oder Telefonnummer an Service-Mitarbeitende weiterleiten. 

Fazit:

Human Experience betont wie wichtig es ist, die Glaubenssätze, Werte, Gefühle und Ambitionen von Menschen auch auf ihrer Kundenreise zu berücksichtigen und aktiv einzubinden. Denn diese sind nicht nur das Fundament dessen, wer sie sind, sondern tragen auch zu einem großen Teil dazu bei, was sie in einem Unternehmen und dessen Produkten suchen und mit wem sie letztlich interagieren. Das bedeutet nicht, dass man schlechte Produkte oder Services verkaufen kann, solange man nur fleißig seine Bäume dafür pflanzt. Es bedeutet vielmehr die Verbindung der Wünsche von Kund:innen nach einem smoothen Kauferlebnis mit excellentem Service und einer benutzerfreundlichen Website mit den Wünschen von Menschen, die von Geschichten, bedeutsamen Erfahrungen und zwischenmenschlichen Verbindungen mitgenommen werden möchten. Nur die Kombination einer guten Customer und zugleich Human Experience ermöglicht eine positive Brand-Erfahrung, die Chance auf eine Langzeitbindung und letztendlich ein nachhaltiges Wirtschaften nach den Werten der Organisation, ihrer Mitglieder und treusten Kund:innen.

Quellen:

Anne L. Roggeveen und Sara Rosengren (2022). From customer experience to human experience: Uses of systematized and non-systematized knowledge. Aufgerufen am: 19.12.2022. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0969698922000601#bib25 

Anthony Stephan (2019). Human Experience is Greater Than Customer Experience. Aufgerufen am: 19.12.2022. https://deloitte.wsj.com/articles/human-experience-is-greater-than-customer-experience-01554685327 

Dhruv Grewal et al. (2017). Enhancing Customer Engagement Through Consciousness. Aufgerufen am: 19.12.2022. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S002243591630080X 

Eli Pacheco (2020). Human Experience (HX): A New Marketing Model for a New Normal. Aufgerufen am: 19.12.2022

https://www.thebrandonagency.com/blog/human-experience-hx-a-new-marketing-model-for-a-new-normal/ 

Heinrich Holland (o. J.). Customer Experience Management. Ausführliche Definition im Online-Lexikon. Aufgerufen am: 19.12.2022

https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/customer-experience-management-54478

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